Arbeiten von Nasan Tur werden erstmalig in der Galerie Wilma Tolksdorf präsentiert. Seine künstlerische Praxis ist multidisziplinär und -medial; sie umfasst Fotografie, Skulptur, Video, Zeichnung, Performance, Installation und wird definiert durch Fragestellungen an die vorherrschenden politischen, ökonomischen und sozio-kulturellen Bedingungen und Zeichensysteme der heutigen Zeit.
Titelgebend für die Ausstellung ist die Arbeit "GIVING IS TAKING", 2015. Als eines der beiden in der Ausstellung gezeigten großformatigen Holzschnitte ist diese Arbeit bezeichnend für die immer wiederkehrende Beschäftigung Nasan Turs mit Wort, Schrift, Sprache und deren Zirkulation in unterschiedlichen Kontexten. Streitbare Aussagen oder Behauptungen sind monumental in das Material des Holzes spiegelverkehrt eingeschrieben. Die Holzschnitte können als Druckstöcke für potentiell unendlich viele Papierabdrucke benutzt werden und stellen somit die Frage nach der Autorschaft und Werkoriginalität. Dabei heben sie den Aspekt der Prozesshaftigkeit und der Zeit in der heutigen, von der Schnelligkeit der digitalen Kommunikation gekennzeichneten Welt hervor.
Für die Arbeit "Variationen von Kapital", 2013 wurden im Vorfeld von einem Computer ca. 41.000 mögliche Schreibweisen des Wortes "Kapital" mit phonetisch gleichartiger Lesbarkeit generiert. Die dabei entstandenen orthografischen Variationen des Wortes hat der Künstler mit Tusche auf wertvolles tibetisches Papier geschrieben und somit in das Medium der Zeichnung übertragen. Im Ausstellungsraum wird ein Teil dieser Unikate auf zwei Wänden in gleichmäßigen Rastern präsentiert. Dieses Werk verweist auf die Beziehungen zwischen maschinellen und manuellen Produktionsverfahren einerseits und andererseits auf die Verflechtungen zwischen Arbeit, Produkt und Kapital.
Die für die Ausstellung "Wall Works" im Hamburger Bahnhof entstandene Video-Arbeit "Berlin Says...", 2013 beschäftigt sich mit Sprach- und Zeichensystemen, wie sie uns als Graffitis im urbanen Raum begegnen. Durch mehrfache Überlagerungen und Überschreibungen von gesprühten Slogans, die Nasan Tur auf Hauswänden in Berlin vorgefunden hat, entsteht am Ende eine nahezu monochrome Farbfläche, die zu einer Art verborgenem, da nicht mehr entzifferbarem Archiv einer städtischen Protest- und Aktivismuskultur wird.
In der Arbeit "Demo Kits Deluxe", 2009 wird die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum thematisiert. Zusammengerollte Banner und Spraydosen verweisen auf die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung. Die Verwendung von hochwertigem Holz und wertvollen Seidenstoffen und die ansprechende Präsentationsform einzelner Kits kommentiert jedoch gleichzeitig die Ästhetisierung und die damit einhergehende Relativierung von Protestbewegungen durch die kapitalistischen Systeme.
Nasan Tur (*1974) studierte an der Städelschule, Frankfurt/M und an der Hochschule für Gestaltung, Offenbach/M, er lebt und arbeitet in Berlin. Nasan Turs Werke wurden in zahlreichen Ausstellungen international gezeigt u.a. Centre Pompidou, Paris, Blain|Southern, London/Berlin, Lentos Kunstmuseum Linz, Hamburger Bahnhof, Berlin, Istanbul Modern, Museum of Modern Art, Istanbul, Martin-Gropius-Bau, Berlin, Kunsthalle Kiel, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kunstmuseum Stuttgart, Schirn Kunsthalle, Frankfurt, Kunsthalle Mannheim, West, Den Haag, Kunstraum Innsbruck, Neuer Berliner Kunstverein, Yapi Kredi Art Gallery, Istanbul, Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Wien, 6th Taipei Biennial, Taiwan und 10th Istanbul Biennial, Istanbul. Nasan Tur erhielt zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt den Will-Grohmann-Preis der Akademie der Künste, Berlin und das Villa-Massimo-Arbeitsstipendium der Deutschen Akademie Rom.
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