YVONNE ROEB
EXHIBITIONS // 2010 // BERLIN
YVONNE ROEB
ALLE ZEIT WACH
Alle Zeit wach is the title of Yvonne Roeb's third solo show at Galerie Wilma Tolksdorf, shown in the gallery's Berlin space.
The phrase '(be) always on the watch' can be found in the Bible, calling upon us to be ready for what may come and - to put in a modern way - to go through the world with a watchful, open eye.
The artist uses this phrase as an ironic reference - the impossibility of actually realising this command is obvious, and in a larger context can be transferred to our inadequacy, which is immanent to humans, our repeated attempts and failures which culminate in our own transience.
In the latest cycle of sculptures, we once again see something that is typical for Yvonne Roeb's work as a sculptor and drawing artist: motifs that seem familiar at first, but on closer examination oscillate between reality and surreality, and can never be fully grasped through pure observation:
'A lot of space for reflection remains between the sculptures and between the lines. The subsequent images in the beholder's head, spinning on the narrative thread - that is Yvonne Roeb's intention' (Jens Hinrichsen, Tagesspiegel, 26 May 2007). Sliding from the all-too-familiar to the 'uncanny' (in the Freudian sense), that which cannot be grasped, is an important aspect of the works' effect: faced with the double-tailed, skeletonized horse bones, grown together in the manner of Siamese twins, of 'Midnight Rider', the beholder feels a 'slight shudder' (Hinrichsen), just as in front of 'Conjunction', which plays with the motif of a heart (with all its romantic connotations) which the artist however represents in an anatomical-organic way, and which, in the spirit of the ambiguity of her works, is doubled in a dark mirror. 'Bock', a black he-goat raised in an aggressive posture towards the wall, with its dangerously pointed horns and its black hue transports a sense of virile archaism. The pure white of the hand protruding from the wall - 'Maybe forever' - is only at first sight a symbol of innocence: very delicately and yet without mercy, two fingers hold an insect by its wings and prevent it from getting away. The bird carelessly entering the 'Birdcage' would be similarly caught, because this work consists of two cages melted together, which in spite of their visual unity represent an imbalance.
The organic motifs, often from flora and fauna, serve Yvonne Roeb as a basis for the creation of a world of her own.
Yvonne Roeb, born in 1976 in Frankfurt, am Main, lives and works in Berlin. She graduated from Kunstakademie Münster, and she is currently Katharina Fritsch's Meisterschülerin.
In ihrer dritten Einzelausstellung in der Galerie Wilma Tolksdorf präsentiert Yvonne Roeb in den Berliner Galerieräumen unter dem Titel "Alle Zeit wach" neue Skulpturen.
Die Formulierung "[Seid] Alle Zeit wach" findet sich bereits in der Bibel; dort wird man aufgefordert, "alle Zeit wach" zu sein, sich also bereitzuhalten für das, was da kommen möge und - in einer zeitgemäßen Interpretation - wachen, sehenden Auges durch die Welt zu gehen.
Die Künstlerin gebraucht die Worte im Sinne eines ironischen Verweises - die Unmöglichkeit der realen Umsetzung dieses Vorhabens ist offenkundig und lässt sich in einem größeren Zusammenhang übertragen auf die dem Menschen immanente Unzulänglichkeit, sein immer neues Versuchen und zwangsläufiges Scheitern, das in seiner eigenen Vergänglichkeit gipfelt.
Auch im aktuellen Skulpturenzyklus findet sich wieder, was charakteristisch ist für das skulpturale, aber auch das zeichnerische Werk Yvonne Roebs: Motive, die uns zunächst vertraut scheinen, die auf den zweiten Blick jedoch zwischen Realität und Surrealität changieren und sich nie gänzlich über die reine Betrachtung erfassen lassen: "Zwischen den Skulpturen und zwischen den Zeilen bleibt (...) viel Raum zur Reflexion. Auf die Nachbilder im Kopf des Betrachters, das Weiterspinnen der Erzählfäden setzt Yvonne Roeb (...)" (Jens Hinrichsen, Tagesspiegel, 26. Mai 2007). Ein Hinübergleiten vom Altbekannten, Längstvertrauten in das - im besten, Freud'schen Sinne - "Unheimliche", eben nicht Fassbare, ist dabei wichtiger Teil der Wirkung der Arbeiten: Angesichts der doppelschweifigen, skelettierten, in der Art siamesischer Zwillinge miteinander verwachsenen Pferde-Knochen des "Midnight Rider" lässt sich ein "verhaltenes Frösteln" (Hinrichsen) ebenso verspüren wie vor der Arbeit "Conjunction", die das romantisch besetzte Motiv eines Herzens verfremdet, indem die Künstlerin eine anatomisch-organische Darstellungsform wählt, die, ganz im Sinne der inhaltlichen Mehrdeutigkeit der Werke, von einer dunklen Spiegelfläche gedoppelt wird. Der in angriffslustiger Pose gegen die Wand aufgerichtete Bock vermittelt nicht zuletzt durch die schwarze Farbgebung und die gefährlich-spitzen Hörner ein Gefühl viriler Archaik. Das reine Weiß der aus der Wand ragenden Hand von "Maybe forever" ist nur auf den ersten Blick ein Symbol der Unschuld - ganz zart, dennoch unerbittlich halten zwei Finger ein Insekt an seinen Flügeln fest und hindern es so am Fortkommen. Ähnlich gefangen wäre der Vogel, der sich leichtsinnig in den "Birdcage" begeben hätte, denn dieser setzt sich aus zwei miteinander verschmolzenen Käfigen zusammen, die trotz aller optischen Einheit ein Ungleichgewicht darstellen.
Die organischen Motive, vielfach aus der Tier- und Pflanzenwelt, dienen Yvonne Roeb als Grundlage zur Erschaffung ihrer ganz eigenen Welt.
Yvonne Roeb, 1976 geboren in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte an der Kunstakademie Münster und ist Meisterschülerin von Katharina Fritsch.